Kontrafaktischer Roman
In einem kontrafaktischen Roman, oder auch parahistorischer Roman, Uchronie oder auch ›alternate history‹ genannt, entwickelt sich die Geschichte um ein Szenario, in dem der Lauf der Weltgeschichte von dem bekannten
Die West-Berliner Enthüllungsjournalistin
Thea von Glinsky recherchiert schwerpunktmäßig Fluchten und Entführungen im Ost-West-Konflikt. Privat gilt ihr vorrangiges Interesse einem wichtigen Erbstück, welches durch die Hürde der Mauer nicht erreichbar erscheint.
Der alternde Ex-Agent
Otto „Oboe“ Boettcher wird von einem westlichen Geheimdienst erpresst. Er soll bei einem sensationellen Coup mitmachen. Oboe beginnt ein gefährliches Spiel. Dafür braucht er besondere Hilfe …
Der entmachtete Generalsekretär
Walter Ulbricht, schon leicht senil, möchte zu einem Rendezvous nach Paris reisen.
Die Abteilung V
besteht aus zwölf gewalttätigen Spezialisten mit überraschenden Fähigkeiten, zuständig für West-Ost-Entführungen, Terror und Mord, meistens bei Nacht.
Theas tollpatschiger Ex-Mann
ist ständig pleite, sehr beliebt bei den Frauen und nutzt jede Gelegenheit, größtmögliches Chaos anzurichten.
Der Stasi-Chef
Maximilian Fuchs möchte die Abteilung V unter seine Befehlsgewalt bringen. So beginnt eine wilde Jagd quer durch das geteilte Berlin, bei der für einige die Mauer nicht zu existieren scheint.
Die Romanhandlung verschlägt die Protagonisten sowohl in den Westteil als auch in den Ostteil Berlins. An geheimnisvolle und gefährliche Orte, an denen sich dunkle Mächte verbergen und Erinnerungen geweckt werden. Berliner Sehenswürdigkeiten werden zu wichtigen Begegnungsstätten. Ein gepflegter Garten wird zum Schlachtfeld. Und die Berliner Mauer ist und bleibt das historische Symbol für gewagte Fluchten.
Ausgewählte Schauplätze
Künstlername für einen Ex-Killer, eigentlich im Ruhestand, aber noch sehr umtriebig
ehrgeizige Journalistin mit schräger Ost-Vergangenheit
Fotograf mit ausgeprägtem Spürsinn für Fettnäpfchen, aber manchmal macht er doch etwas richtig
weiß viel, riecht nicht gut und trägt Jesuslatschen zu selbstgestrickten Wollsocken
Stasichef, kaltschnäuzig und skrupellos
etwas seniler, abgesägter Ex-Staatschef mit sonderbaren Wünschen, alter Freund von Oboe
agiler Schlagetot mit virilem Charme
kann dir mit einem Blick das Blut stocken lassen
Ein ehemaliger Polizist erinnert sich an seine erste Wasserleiche. Ein gruseliger Fund mit unklarer Todesursache im April 1973. Ein Interview.
An der Oberbaumbrücke gelingt trotz massiver Intervention durch die Grenztruppen eine Flucht in den Westen.
Schauplatz Schmöckwitz. Ein Trampelpfad in einem Labyrinth aus hohen Hecken.
Gleißendes Licht enthüllte jeden Winkel des Hafens. Imposant standen die Krankolosse auf dem Gelände. Im Schein des Lichtes und nass vom Regen erstrahlten sie wie neu. Nur die Rauchwolke, die am Fuß eines der Portaldrehkräne emporstieg, trübte das glanzvolle Bild. Im Hintergrund parkten die hochbeinigen Truppentransporter der NVA. Alle zehn Meter waren Grenzsoldaten am Rand des Hafengeländes postiert.
Konzentriert verfolgte Thea das Geschehen durch Krauses Fernglas. Diese Geschichte würde morgen das Titelblatt zieren, da gab es keinen Zweifel, freute sie sich. Sie kniff die Augen zusammen.
Oben im Wachturm, dem einzigen im Hafen, war rege Bewegung zu erkennen. Drei Männer in Overalls reparierten den Kran, aus dem die Rauchwolke stieg. Zwei weitere Scheinwerfer wurden gebracht.
Etwas abseits stand ein schwarzer Volvo an der Kaimauer. Die Spree lag dunkel und schwer am Ufer. Nur das Licht der Scheinwerfer zeichnete die kleinen Wellen nach. Auf dem Wasser dümpelte ein Boot der Volkspolizei. Dort wurde offenbar ein Tauchgang vorbereitet.
Oboe spürte, wie sein Magen sich verkrampfte. Er befand sich in einer gefährlichen Situation. War die von Fuchs ausgesprochene Drohung nur ein Bluff? Oder konnte er wirklich mehr wissen, als es Oboe lieb war? Er entschied sich, noch einen letzten Versuch zu wagen und die Geduld seines Gesprächspartners auf die Probe zu stellen.
„Das Essen im Ganymed ist hervorragend“, begann er. „Die Genossin Paschke hat dort großartige Arbeit-“ Weiter kam er nicht. Ohne dass er den Ansatz der Bewegung wahrgenommen hätte, traf ihn Fuchs’ Ellenbogen hart in die Rippen. Oboe sank vornüber.
„Lassen Sie die Spiele! Wir wissen beide, dass Erna Paschke nicht das Geringste mit dem Restaurantbetrieb zu tun hatte.“
Einen Moment lang sagte niemand etwas.
„Ich halte Ihnen zugute, Boettcher, dass sie einen anstrengenden Tag hinter sich haben. Und eine sehr unangenehme Nacht. Das steckt man in Ihrem Alter nicht mehr so weg. Also werde ich Ihnen etwas auf die Sprünge helfen.“
„Gut“, nickte Oboe, “helfen Sie mir.“
„Wir beide kennen die Abteilung, die Erna Paschke geleitet hat“, sagte Fuchs. „Diese Leute haben oft genug gewisse Aufträge für den alten Herrn erledigt.“
Oboe schwieg.
„Sie haben auf der Beerdigung nicht nur eine Rede gehalten, Genosse Boettcher. Sie sind anschließend dem Westbesuch gefolgt und haben vor dem Wohnhaus der Genossin Paschke die halbe Nacht gewartet. Sie haben beobachtet, dass die Besucher zum Grenzübergang Friedrichstraße begleitet wurden. Und vermutlich haben Sie auch gesehen, wie der Begleiter, ein Mann im dunklen Ledermantel, später das Gebäude wieder verließ und in den Polizeibarkas stieg, der offenbar auf ihn gewartet hatte.“ Fuchs neigte sich seinem Gesprächspartner entgegen. „Haben Sie das gesehen, Genosse Boettcher?“ Sein Blick lag auf der Lauer.
Oboe sagte nichts.
„Und heute morgen werden Sie hier am Osthafen, wieder in Ihrem Wagen wartend, von meinen Leuten aufgegriffen“, fuhr Fuchs fort. „Oboe! Was soll das? Wollen Sie meine Arbeit erledigen?“ Seine Stimme war schneidend.
Oboe fühlte sich in die Enge getrieben. Warum hatte er nicht gemerkt, dass er beobachtet wurde? Schon wieder war ihm ein Fehler unterlaufen. Das nahm in letzter Zeit überhand. Er spürte Fuchs kalten Blick. Was sollte er sagen? Was konnte er denn sagen? Die Situation war außer Kontrolle geraten. Und das passierte ihm, Oboe! Dass Fuchs ihn mit seinem Decknamen genannt hatte, machte die Sache nicht leichter. Natürlich wusste Fuchs über seine früheren Aktivitäten bescheid. Er wusste überhaupt das Allermeiste. Und er erinnerte Oboe schmerzhaft direkt daran, dass er hier weder eine Vorzugsbehandlung, noch Mitleid erwarten durfte.
In einem kontrafaktischen Roman, oder auch parahistorischer Roman, Uchronie oder auch ›alternate history‹ genannt, entwickelt sich die Geschichte um ein Szenario, in dem der Lauf der Weltgeschichte von dem bekannten
02.01.1973
Kalt
Wegen der Vereisung der Wasserstraßen wird der Schiffsverkehr zwischen Berlin und den westdeutschen Gewässern eingestellt.
09.01.1973
Umweltschutz
Das Zentralkomitee der KPdSU beschließt in Moskau verstärkte Maßnahmen zum Schutz
Wie die Stasi einen Anschlag auf Walter Ulbricht erfand Im Jahr 1972 wurden in einem Geheimprozess fünf Männer wegen des
geplanten Attentats auf den Staatschef der DDR – Walter Ulbricht –
über die Autoren
Der kontrafaktische Roman Walter Ulbrichts letzter Coup ist ein komplexes Werk, dessen Entstehung und sorgfältige Recherche mehrere Jahre penibler Arbeit und ein gründliches Lektorat erforderten.